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Was der Jakobsweg noch ist

Traditionelle galizische Keramik

Wenn man mal die ganze Pilgerei und den ideologischen Überbau weglässt, ist der Camino noch mehr:

Partnerbörse

Vergiß Elitepartner. Nehmen wir Astrid aus Freiburg. Sie hat sich auf ihr Rad gesetzt und ihren Pierre auf dem Camino Frances gefunden.

Lees Freund aus Italien, pilgerte den Camino Portugues einige Male. Das erste Mal lief er ihn mit seiner damaligen Partnerin. Er versprach sich eine Verfestigung der Beziehung, man sprach von Hochzeit. Nach drei Tagen, merkte er, Obacht Sackgasse, das wird nichts mit uns und er trennte sich noch auf dem Camino von seiner Freundin. Im Jahr danach, pilgerte er den Camino alleine. Traf auf dem Camino die Liebe seines Lebens und lebt inzwischen mit ihr in Porto.

Und auch mein Kollege, hat schon vor vielen Jahren eine neue Liebe gefunden.

Naturwunder

Der Weg ist unbeschreiblich schön. Am Meer entlang, durch schöne Dünenlandschaft, durch historisch interessante Orte und wunderschöne Natur. Es ist eine Reise in, zumindest in die bei uns, verloren gegangene bäuerliche Kultur. Für einen Wanderurlaub perfekt.

Kornspeicher und Lebensmittelaufbewahrung

Kulturaustausch

Es ist ein unkompliziertes, friedliches und fröhliches Treffen der unterschiedlichsten Kulturen der Welt. Ein bisschen wie Schüleraustausch. Man kommt sofort mit jedem ins Gespräch, lernt viel über andere Menschen und muss nicht alleine sein. Wenn man alleine sein möchte, kann man das auch. Jeder nach seiner Facon.

Flexibles Urlaubsziel

Individual, pauschal, vorgebucht und organisiert, der Camino ist sehr flexibel, was die eigenen Vorstellungen angeht. Man kann ohne irgendwas vorzubuchen einfach loslaufen und in einer Herberge schlafen. Oder man kann in noblen Pousadas mit Gepäckservice nächtigen. Der junge Pilger kann gut mit 30 € am Tag zurechtkommen, nach oben sind keine Grenzen. Heute so, morgen so, alles kein Problem, der Camino bietet alles.

Ehemalige Waschanlage im Dorf, wurde von Bosch wegrationalisiert

Das Geschäft mit dem Camino

Der Camino hat viele Facetten, natürlich auch eine Wirtschaftliche. Letztes Jahr waren es um die 80 000 Pilger, die von Porto aus nach Santiago gepilgert sind. Dazu braucht es eine Infrastruktur, die Pilger müssen versorgt, untergebracht und geleitet werden. Bei allem wirtschaftlichen Interesse, die an uns Pilgern unweigerlich bestehen, fühlt man sich auf diesem Camino immer willkommen. Alle sind hilfsbereit und fast schon fürsorglich.

Ob das die Musikerin ist, die im Park „gratis“ Stempel und Musik verteilt. Sie hatte natürlich eine Spendenbox aufgestellt.

Oder die Versorgungsstationen, wo der hungrige und durstige Pilger sich ausstatten kann.

Ich glaube, das beste Geschäft machen die Taxiunternehmen. Zufällig finden sich an besonders anspruchsvollen Strecken kleine Werbeplakate. Ich habe viele erhitzte Pilger in Taxis steigen sehen.

Die Tourismusindustrie hat maßgeschneiderte Angebote für den Urlauber entwickelt. Hotels und Etappen sind vorgebucht, das Gepäck, wird transportiert und der Pilger muss nur wandern, bzw. dem Guide hinterhergehen.

Viele geschäftstüchtige Galizier, die am Weg wohnen, haben ihre Garagen ausgeräumt und zu Cafés umfunktioniert. In ehemaligen Wohnzimmern werden Jakobspilgermuscheln verkauft.

Der Geist, oder die Stimmung auf dem Camino bleibt erhalten, da ändern auch rasende Radpilger nichts daran.

Auf meinem ganzen Weg, hatte ich nur eine Situation, bei der ich dachte: alles nur ein Geschäft. Ich kam aus meinem Hotel, in dem ich nachts fast vom Zug überfahren wurde. Beim Einstieg in den Camino war ein provisorisches Café aufgebaut. Die Dame bot Kaffee und Stempel und allerhand Kram an. Ich fragte sie nach einem Stempel, weil ich das so kurios fand und bekam ein sehr barsches „Customers only“ zu hören.

Es ist doch für alle eine wunderbare Win-Win-Situation, wie der angehende Ökonom Jonathan sagen würde. Wenn dabei noch ein so leckeres Pilgerinnenbier dabei heraus kommt, ist doch allen geholfen.

Salud!

© 2024 Beate Mäusle

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