Autorin

Autor: Beate Mäusle (Seite 10 von 10)

Ich habe es tatsächlich getan Tag 1

Lage

  • Füße: erstes Warmlaufen
  • Pilgeraufkommen: erste Annäherung in der Kathedrale
  • Kalorien: himmlisch portugiesisch
  • Wetter: strahlender Sonnenschein extra für mich
  • Stimmung: Gefühl von Freiheit, ich darf ganz bei mir sein

Aus dem Mittwoch ist der Freitag geworden. Am Sonntag habe ich meinen ersten Beitrag geschrieben und meinen Rucksack fertig gepackt. Als er kaum fertig war, kam der Anruf meiner Mutter. Mein Vater ist im Badezimmer tot umgefallen. Unser Vater war sehr krank, aber damit war absolut nicht zu rechnen. Es ist ein Tod, wie er ihn sich gewünscht hat, für uns alle dennoch ein Schock. Gestern war die Beerdigung. Es war eine schöne, große Beisetzung. Das hätte ihm gefallen.

Meine Familie hat mich ermuntert, trotzdem den Camino Portugues zu pilgern. Und so bin ich heute von Stuttgart nach Porto geflogen. Am Flughafen war ich über meinen Mut erstaunt, einfach mit dem Rucksack loszuziehen. Ich sage mir, dass ich jederzeit wieder heimfliegen kann, wenn ich in der schweren Zeit jetzt nicht ohne meine Familie sein kann.

Portugals Pastellerias sind legendär. Auf dem Weg ins Hotel habe ich gleich mal einen Stop eingelegt und meinen Mut gefeiert.

Wenn es überhaupt noch was zu feiern gibt. Im Flieger saß ein junger Mann neben mir, ebenfalls mit dem Pilgerführer ausgestattet. Er „joggt“ den Camino in 9 Tagen! Er ist aus dem Flieger raus und gleich losgelaufen. Pro Tag muss er mindestens 30 Kilometer laufen, denn mehr Zeit hat er nicht. Naja, er ist ja auch 30 Jahre jünger als ich. Das mir zum Trost.

Der Kathedrale habe ich meinen Antrittsbesuch abgestattet, lange im Kirchenschiff gesessen, um meinen Vater geweint und mir meinen ersten Pilgerstempel abgeholt. Mit dem Pilgerausweis ausgerüstet, geht es morgen ab der Kathedrale los. Der Credencial del Peregrino der Catedral de Santiago berechtigt den Pilger in den Pilgerherbergen zu übernachten.

Manchmal zeigt sich der Weg erst, wenn man anfängt ihn zu gehen. Folge dem Ruf des Weges.

Paulo Coelho

Das Abendessen war köstlich. Es gab eine Meeresfrüchtesuppe im Café Majestic in der Rua Santa Caterina. Ich bin da so reingeschlendert und war dann ob der Berühmtheit ganz erstaunt. Es wird unter den Top 10 der schönsten Cafés der Welt gelistet. Joanne K. Rowling hat hier wohl den ersten Band von Harry Potter geschrieben. Das muss auch der Grund sein, weshalb die Salatblätter hier so teuer sind.

Heute habe ich mir Porto erwandert und lächerliche 9,5 Kilometer zurückgelegt, ohne Gepäck wohlgemerkt.

Morgen wird es ernst. Der Rucksack fühlt sich jetzt schon schwer an.

Boa Noite Porto!

Warum nur?

Auf der Suche nach dem Warum

Wenn du dein bisheriges Leben immer nur stark, mutig und fleißig warst, wird es Zeit, dich dem Leben zu widmen.

Von Claudia, meiner Yogalehrerin

Mein Rucksack ist gepackt. Der Inhalt ist sehr übersichtlich und nur 6,5 Kilos schwer. Er fehlt noch die Kosmetiktasche, die Medikamente und ein frisch gewaschenes T-Shirt. Ich denke, ich werde bei acht Kilos landen. Mit diesem Gepäck werde ich die nächsten zweieinhalb Wochen klar kommen müssen. Am Mittwoch geht es los. Ich fliege nach Porto und starte den portugiesischen Jakobsweg. Von der Kathedrale in Porto ausgehend, werde ich in 13 Etappen nach Santiago di Compostela pilgern.

Das ist zumindest der Plan. Schon viele Jahr sitzt dieser Wunsch in meinem Kopf und Herzen. Als ich vor zwei Jahren vom wiederbelebten Portugiesischen Jakobsweg hörte, wurde die Planung konkreter. Dieser Jakobsweg startet in Lissabon, führt durch das Landesinnere in den traditionellen Weg, durch alle großen Klöster Portugals. Es gibt eine Strecke entlang der Küste über Porto, die es mir angetan hat und die ich die nächsten zweieinhalb Wochen erkunden möchte. Es gibt viele geführte Touren mit schönen, vorgebuchten Hotels, Gepäckservice inklusive. Aber mal ehrlich, ist das Pilgern?

Ich habe mich für das klassische Pilgern entschieden. Rucksack auf, Pilgerausweis im Gepäck und los. Nichts ist vorgebucht und vorgeplant und ich gehe alleine. Und genau das, wird meine größte Herausforderung. Als moderner, organisierter und strukturierter Mensch, fällt es mir schwer, einfach in den Tag zu gehen, ohne zu wissen, wo ich ankommen und übernachten werde.

Wonach suche ich? Warum mache ich das?

Ich lasse mein Ankleidezimmer, meine Handtaschensammlung und mein Cabrio zurück und werde mit sehr wenig auskommen müssen. Wenn mich jemand nach dem Warum fragt, habe ich noch keine, vor mir selbst belastbare Antwort. Ich fasele von dem Versuch, mit möglichst wenig auszukommen und der Neugier auf das Gehen. Der Camino wird mir die Fragen beantworten.

Buon Camino!

About me

Ich bin Beate Mäusle, ich bin 54 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines wundervollen Sohnes. Schon lange möchte ich den Jakobsweg laufen. Seit ich auf den portugiesischen Jakobsweg gestoßen bin, sind die Planungen konkreter geworden.

Die weiße Bürobluse werde ich ablegen und gegen leichtgewichtige Funktionsklamotten eintauschen. Die Wanderschuhe sind eingelaufen. Ich stehe in den Startlöchern.

Mein Weg soll in Porto an der Kathedrale beginnen. An der Küste entlang, geht es nach Tui in Spanien, wo der Weg wieder in den klassischen Camino mündet. Nach 13 Etappen soll das Ziel Santiago di Compostela in Galizien erreicht sein. Pro Tag sollte ich ungefähr 20 Kilometer gehen, damit ich die 260 Kilometer in zwei Wochen schaffe. Ich möchte im September reisen, wenn es nicht mehr so heiß ist. Alle schreiben, es wäre die optimale Reisezeit.

Es ist mein erste Annäherung an das Pilgern. Keine Ahnung, ob mir das gefallen wird.

Kommt mit mir auf den Weg. Buon Camino!

Neuere Beiträge »

© 2025 Beate Mäusle

Theme von Anders NorénHoch ↑

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner