Beate Mäusle

Autorin

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Das Geschäft mit dem Camino

Der Camino hat viele Facetten, natürlich auch eine Wirtschaftliche. Letztes Jahr waren es um die 80 000 Pilger, die von Porto aus nach Santiago gepilgert sind. Dazu braucht es eine Infrastruktur, die Pilger müssen versorgt, untergebracht und geleitet werden. Bei allem wirtschaftlichen Interesse, die an uns Pilgern unweigerlich bestehen, fühlt man sich auf diesem Camino immer willkommen. Alle sind hilfsbereit und fast schon fürsorglich.

Ob das die Musikerin ist, die im Park „gratis“ Stempel und Musik verteilt. Sie hatte natürlich eine Spendenbox aufgestellt.

Oder die Versorgungsstationen, wo der hungrige und durstige Pilger sich ausstatten kann.

Ich glaube, das beste Geschäft machen die Taxiunternehmen. Zufällig finden sich an besonders anspruchsvollen Strecken kleine Werbeplakate. Ich habe viele erhitzte Pilger in Taxis steigen sehen.

Die Tourismusindustrie hat maßgeschneiderte Angebote für den Urlauber entwickelt. Hotels und Etappen sind vorgebucht, das Gepäck, wird transportiert und der Pilger muss nur wandern, bzw. dem Guide hinterhergehen.

Viele geschäftstüchtige Galizier, die am Weg wohnen, haben ihre Garagen ausgeräumt und zu Cafés umfunktioniert. In ehemaligen Wohnzimmern werden Jakobspilgermuscheln verkauft.

Der Geist, oder die Stimmung auf dem Camino bleibt erhalten, da ändern auch rasende Radpilger nichts daran.

Auf meinem ganzen Weg, hatte ich nur eine Situation, bei der ich dachte: alles nur ein Geschäft. Ich kam aus meinem Hotel, in dem ich nachts fast vom Zug überfahren wurde. Beim Einstieg in den Camino war ein provisorisches Café aufgebaut. Die Dame bot Kaffee und Stempel und allerhand Kram an. Ich fragte sie nach einem Stempel, weil ich das so kurios fand und bekam ein sehr barsches „Customers only“ zu hören.

Es ist doch für alle eine wunderbare Win-Win-Situation, wie der angehende Ökonom Jonathan sagen würde. Wenn dabei noch ein so leckeres Pilgerinnenbier dabei heraus kommt, ist doch allen geholfen.

Salud!

Olavsweg trifft Jakobsweg Tag 12

Beverly und Hugh aus Sydney

Lage

  • Füße: blasenfrei, aber müde
  • Pilgeraufkommen: nur noch 48 Kilometer bis Santiago, Pilgerdichte steigend
  • Kalorien: warte sehnlichst auf das Abendessen
  • Wetter: bewölkt, sonnig, heiß, Regen
  • Stimmung: Respekt vor der großen Etappe

Nach meiner Mittagsruhe, bin ich gestern durch die Stadt geschlendert, als mich eine Nachricht von Beverly erreicht. Beverly und Hugh, mit denen ich die erste Nacht im Campingbungalow verbracht habe.

Sie sind auch in Pontevedra! Es ist eine sehr schöne historische Stadt mit viel Leben. Geschäfte, Bars, Restaurants, Eisdielen, eine Pilgerkirche und viel Geschichte. Mein Hotel liegt in der Altstadt und ich komme mir vor, als ob ich wieder in der Zivilisation angekommen bin. Menschen ohne Wanderstiefel und Rucksäcke. Ich gehe durch die Straßen und schaue die Geschäfte und die schönen Galizierinnen in ihren tollen Outfits an. Pilger, out of Duty, erkennt man an den Trekkingsandalen, Leggings und Funktionskleidung. Ich schaue mir das kommerzielle Treiben wie ein Museum an, ich bin nicht von dieser Welt.

Morgen habe ich eine große Etappe vor mir und brauche noch Proviant. In einer Bäckerei kaufe ich Empanadas. Als ich das Geschäft verlasse, habe ich ein Stück Empanada a Bacalhau in der Tasche. Wie blöd ist denn das? Fisch zum Frühstück?

Ich treffe Beverly und Hugh vor der Pilgerkirche, die Freude ist groß und wir gehen zusammen essen. Sofort dreht sich wieder alles um den Camino, sie erzählen mir von ihrem Camino Frances und wie sie geweint haben, als sie nach 800 Kilometern und fünfeinhalb Wochen, in Santiago angekommen sind. Wenn alles gut läuft, werde ich ab Freitag in Santiago sein. Ich bin sehr gespannt, ob das auch ein Pilgererlebnis für mich wird. Bev und Hugh werden auch ab Freitag in Santiago sein. Wie unglaublich, wir sind gemeinsam gestartet und werden zur gleichen Zeit ankommen, obwohl wir unterschiedliche Routen gewählt haben. Mal sehen, wen ich in Santiago noch treffe.

Ich wache früh auf und buche als erstes ein Hotel in Santiago, denn die Stadt wird voll sein. Das Risiko, zum Abschluss noch in einem Schlafsaal zu landen, ist mir zu groß. Auf der einen Seite, auf der anderen Seite fehlt mir die Pilgererfahrung des Schlafsaals.

Um sieben bin ich reisefertig und suche den Einstieg in den Camino. Ich denke, es hat geregnet, aber es war nur die Stadtreinigung, die feucht aufwischt. Es ist gar nicht so einfach in der Dunkelheit die gelben Pfeile zu finden. Es sind schon wieder etliche Pilger unterwegs. Aus einer Stadt rauszulaufen, finde ich eine tolle Erfahrung, üblicherweise fährt man ja.

Ich laufe durch einen Park, alles ist dunkel, vor mir Pilger. Als ich gerade denke, wenn ich eine ängstliche Person wäre, hätte ich jetzt richtig Angst, springt mir ein Teufelchen an der Mauer ins Auge und ich erschrecke mich richtig. Ich muss lachen. Man sieht immer das, was man sehen möchte.

Eine Gruppe Spanier betreibt Intervalltraining und sprintet die Wege entlang. An einer Weggabelung steht eine Gruppe Pilger, einer mit Stirnlampe, sie diskutieren, ob hier der Abzweig zum spirituellen Camino abgeht. Geht er nicht, ich kann mit meinem Führer und meiner Karte aushelfen. Wir laufen gemeinsam weiter, es ist eine interessante Gruppe. Zwei junge Brasilianerinnen, Lee aus Porto, Peter aus England und Kathrin aus Stockholm. Sie laufen lose zusammen. Kathrin fragt mich aus. Sie ist 69 Jahre als und es ist bereits ihr vierter oder fünfter Camino. Profiliga also. Den Olavsweg, berühmter norwegischer Pilgerweg von Oslo nach Trondheim, hat sie natürlich auch schon hinter sich. Sei aber nicht zu empfehlen. Die Caminos wären viel schöner. Der Olavsweg geht durch den norwegischen Wald, man würde tagelang niemanden sehen. „Oh, have you been scared?“, frage ich. Sie schaut mich erstaunt an, schüttelt mit dem Kopf und sagt völlig ohne Verständnis für meine Frage, „No, I am not scared!“. Das nehme ich dieser entschlossenen, kleinen und zarten Person sofort ab. Es wäre mit der Versorgung schwierig und auch mit der Übernachtung. Man könnte nur sehr teuer in privaten Unterkünften schlafen und müsste die schon tagelang vorausbuchen. Sie hätte immer ihrer Familie durchgegeben, wo sie gerade sei. Gut, sage ich, dann hat sich das für mich mit dem Olavsweg auch erledigt. Tagelang alleine durch den Wald zu streifen, ist trotz aller Abenteuerlust dann doch nichts für mich.

Lee ist ein junger Engländer aus Dover, der in Porto lebt und Peter ein englischer Priester in Pension. Die Gruppe trennt sich herzlich an der Weggabelung zum spirituellen Weg.

Die Stecke geht mir heute gut von den Füßen. Das mag auch an Lee liegen. Wir laufen zusammen weiter. Er möchte direkt nach Santiago, nicht irgendwelche Umwege. Da sind wir uns einig.

Lee kommt ursprünglich aus Dover, lebt seit drei Jahren in Porto. Er arbeitet online und das kann er von überall aus machen. Was er denn mache? Ich denke, an einen IT-Freelancer, die ab und zu auch für uns in der Bank arbeiten. Gambling Sports. Wie? Sportwetten. Davon kann man leben? Ja, sehr gut sogar. Er weiß zwar nicht, wieviel am Ende des Monats reinkommt, hauptsächlich Football, aber auch Rugby oder Pferdewetten. Läuft wohl nicht so schlecht, denn er hat sich in Porto ein Haus gekauft, das momentan noch gebaut wird und er hoffentlich bald beziehen kann.

Er fragt mich nach meiner Motivation für den Camino. Für mich ist es sehr befreiend, meinen durchgetakteten Alltag hinter mir zu lassen und einfach in den Tag reinzulaufen. Weniger Struktur. Er wiederum freut sich über mehr Struktur und nimmt sich vor, daheim früher aufzustehen. Mehr Stuktur? Ja, er laufe früh los, gehe dann in die Herberge, Abendessen, um 10 Uhr geht das Licht aus und es wird geschlafen. Wie beim Militär, das gefalle ihm.

Ich muss so hart lachen. Es ist, wie bei allem im Leben, eine Frage des Standpunktes. So auch mit der Struktur. Er suche auch die Stille. Weg vom Handy.

Er könne zwar arbeiten, von wo er möchte und wieviel er möchte, er kann alles selbst bestimmen, aber er hängt immer am Handy und Laptop. Ist das Arbeit?

Lee ist ein feinfühliger und sehr intelligenter Mensch, er scheint im Reinen mit sich zu sein. Er sagt von sich selbst, er sei „youngish „, er ist auch schon 36 Jahre. Er reist viel, übt Yoga und meditiert. Er fragt, ob ich schon Yoga- oder Meditations-Retreats gemacht habe und ob man da ähnliche Wirkungen wie beim Laufen erzielen kann? Laufen ist Meditation und er hätte schon einige Erkenntnisse über sich und sein Leben und Fragen beantworten können.

Wenn man zu schnell laufe, würde auch das Gehirn heißlaufen, ist seine Theorie, als wir darüber sinnieren, warum hier so viele, fast schon nach Santiago rennen.

Das passt ja zu Mariesus Theorie, die vorhergesagt hat, dass ich einen völlig neuen Pilgerstil entwickeln würde. Slow Pilgrimage, praktisch. Qualitätspilgern. Mit Blumen, Blick für die Schönheit der Welt und den Menschen. Im Hier und Jetzt, nicht nur auf das Ziel gelenkt. Der Weg ist das Ziel und nicht die Anzahl der Stempel im Pilgerausweis.

Igendwann bin ich ihm doch zu langsam und er läuft vor. Wir verabreden uns auf ein Bier ( ja, ich verabrede mich auf ein Bier) in Caldas de Reis. Buon Camino, Lee.

Ich mache Pause und esse voller Genuß eine Empanada Bacalhau zum Frühstück, es ist ja auch schon elf.

Ich brauche nochmal eine Pause und trinke im Café Oasis einen Café con Leche, als eine aufgeregte Freiburgerin hereinstürmt. Ob sie mal telefonieren könnte? Es versteht leider keiner Deutsch, ob sie ein Taxi brauche? Sie müsse mit Pierre telefonieren und ihm den Standort durchgeben, hat aber keine SIM-Karte und der würde sie nicht finden. Portugiesen bieten sich zur Übersetzung an. Es ist ein Durcheinander. Keiner weiß, was die aufgebrachte Deutsche möchte. Ich gebe ihr mein Handy und sie ruft Pierre an. Pierre ist, man vermutet es, aus Frankreich und spricht nur Französisch. Astrid nur wenig englisch. Sie ist Anfang Mai, frisch pensioniert, mit ihrem Fahrrad losgefahren und hat heute die 5000 Kilometermarke geknackt.

So sieht ein Fahrrad aus, mit dem man 5000 Kilometer quer durch Europa fahren kann

Astrid und Pierre haben sich auf dem Camino Frances kennengelernt und sich verliebt, sagt sie mir. Sie ist erst nach Portugal gefahren und hat dann erstmal vier Wochen Urlaub gemacht. Und jetzt machst du keinen mehr, frage ich sie. Sie muss selbst lachen. Camino ist kein Urlaub also.

Die beiden können sich nicht verständigen und verabreden und zack, bin ich schon in deren amouröses Abenteuer verwickelt. Ich krame einige Wörter Französisch hervor und gebe ihm den Standort durch. Astrid bedankt sich hundert mal. Buon Camino Astrid e Pierre.

Es wird wieder heiß, aber ich schaffe die lange Etappe mit 22 Kilometer gut und lege mich sofort an und in den Pool. Die letzte große Etappe ist geschafft. Ich bin jetzt eingelaufen.

Buenas Noches da Caldera de Reis.

Der frühe Pilger bekommt den Schlafsaal Tag 11

Lage

  • Füße: ohne Blasen, aber sie weigern sich in die Kompressionssocken zu steigen
  • Pilgeraufkommen: ich habe sie gefunden und das Geheimnis gelüftet
  • Kalorien: die Jakobswegpilgerin isst erstmals Jakobsmuscheln
  • Wetter: bewölkt, die Waden sind trotzdem in einer (der Einzigen) langen Hose eingepackt
  • Stimmung: schlafen hilft immer

Eventuell neige ich dazu, den Camino romantisch zu verklären und interpretiere Dinge, die völlig normal sind, in spirituelle Sphären. Gestern Abend war gar nichts romantisch oder gar spirituell und es gibt nichts schön zu reden. Doch! Das einzig Gute war das Cerveza, das geschmeidig in mich reinlief. Sonst war nichts geschmeidig.

Das Hotel, das so schöne Bilder hervorbringt, war eigentlich eine Katastrophe. Vor dem Hotel war die Nationalstraße 550 und hinter dem Hotel zum Meer, verlief die Eisenbahnlinie. Für einen zusätzlichen Zehner habe ich mir die Eisenbahn durchs Zimmer fahren lassen. Das Restaurant war stickig, das Essen lausig und das WLAN nicht funktionstüchtig. Ich habe den Hotelbesitzer bezüglich des WLANs zur Rede gestellt und er hat es mit einem „no funciona“ abgetan und mich stattdessen mit einem Quatsch über den Camino zugeschwallt. Ich habe das getan, was in so einer Situation das Beste ist: geschlafen. Das Zimmer, oder und ich, waren so warm, dass ich das Fenster aufgelassen habe. Eine Stunde später bin ich vor Schreck fast aus dem Bett gefallen, ich dachte, nix mit Santiago, ich werde vom Zug überfahren.

Ich bin um sechs aufgewacht und habe zusammengepackt und ein Frühstück nicht in Erwägung gezogen. Es wurde erst um 8.30 Uhr serviert und die Qualität des Abendessens, hat mich nicht dazu verleitet, zu warten. So bin ich also bei Dunkelheit, zur Rezeption und Bar in einem, gegangen und habe meinen Schlüssel abgegeben. Eine sehr nette Spanierin hat das Frühstück gerichtet und mir die Tür aufgeschlossen. Ob ich alleine laufe? Sie hat raus in die Dunkelheit geschaut und mich gefragt, ob ich noch einen Kaffee möchte. Och, warum nicht. Ein Brot dazu? Nein, danke. Eine Madalena? Och, warum nicht. Sie wollte mich nicht alleine in der Dunkelheit loslaufen lassen.

Als ich bezahlen wollte, wünscht sie mir einen Buon Camino. So schlecht war das Hotel nun doch nicht.

Ich laufe an der Nationalstraße und hoffe, den Einstieg in den Camino in der Dunkelheit zu finden. Nach ungefähr zwei Kilometern an der Nationalstraße traue ich meine Augen nicht. Der Camino verläuft genau da und ich sehe Horden von Pilgern aus dem dunklen Wald kommen. Hier sind die alle! Seit einer Woche latsche ich denen hinterher, weil die schon in der Dunkelheit loslaufen und natürlich auch noch viel schneller als ich. Am Rastparkplatz der Nationalstraße ist ein Pilgershop aufgebaut. Ich fasse es nicht. Das geheime Leben der Pilger. Ist mir bislang entgangen.

So reihe ich mich in die Pilgerautobahn ein. Muss nur hinterherlaufen. Heute habe ich eine kurze Strecke. Es sind nur 14 Kilometer bis Pontevedra. Das schaffe ich ja bis zum späten Frühstück.

Ich laufe durch ein Museum. Alte Brücken und Gebäude. Pittoreske Dörfer. Schöne Gärten. Es sind so viele Pilger auf dem Weg, man kann sich nicht einfach mal in die Büsche schlagen oder eine Feige vom Baum naschen.

Nach einigen Stunden zerteilt sich das Feld. Die meisten sind vorgerannt. Eine Weile laufe ich mit Elsa und Linroy aus Melbourne. Sie kommen von Lissabon und einer Douro Kreuzfahrt und laufen nun seit heute nach Santiago. Elsa schlendert mit ihrem Sonnenhut in der Hand und Linroy hat ein kleines Rucksäckchen. Selbstverständlich haben sie schöne Hotels vorgebucht und der Gepäckservice bringt die Koffer von Hotel zu Hotel. Danach geht es nach Madrid und dann wieder heim. Sie würden nie wandern, Elsa läuft nur, wenn das Auto in der Werkstatt ist, aber es sei sehr populär in Australien, in Spanien zu laufen. Es wäre jetzt schon ein bisschen blöd mit dem Wetter, weil sie im australischen Winter schon Skifahren waren und jetzt sei es hier so warm. Luxusprobleme der westlichen Welt. Kann man in Australien Ski laufen? Habe ich vergessen zu fragen.

Nach drei Stunden bekomme ich richtig Hunger und laufe (wieder) hinter Australiern, die über die Restaurants ihrer Heimat reden. Die Lasagne (Lasanjei) bei Pedro (Pidrou) sei schon sehr phänomenal. „Stop it, I am hungry „ höre ich mich sagen, ist mir so rausgerutscht. Großes Gelächter und nette Gespräche. Sie bieten mir alles Essbare an, das sie dabei haben.

Unsere Wege kreuzen sich noch einige male und jedes mal reden sie über anderes, für mich, belangloses Zeug. Bin ich froh, dass ich vor mich hin denken darf.

Pilger sind erfindungsreich. Es werden nicht nur Steine abgelegt, an Zäunen werden Holzkreuze angebracht. Steine werden auf dem Weg voll geschrieben. Jeder möchte seine Last ablegen, sich zum Ausdruck bringen.

Der Weg heute ist sehr schön und erinnert mich an Südtirol. In den alten Steinwegen, kann man die Spurrinnen alter Eselsgespanne sehen. Was haben sich die Menschen früher geplagt, denke ich. Da ist doch so ein Rucksack schleppen eine Kleinigkeit.

Mein Rucksack. Die ersten zwei Tage, hätte ich ihn am liebsten im Meer versenkt, inzwischen gehört er zu mir, ist fast schon Teil meines Körpers. Ich spüre ihn kaum noch. Ok, nach vier Stunden dann schon.

Um die Mittagszeit bin ich schon in Pontevedra und laufe den gelben Pfeilen nach, die den Weg zur offiziellen Pilgerherberge anzeigen. Ich biege um die Ecke und denke, jetzt haben sie mich aber veräppelt, hier ist doch nichts. Viele Pilger sitzen auf der Straße im Schatten und am Tor zur Herberge sind meterweise Rucksäcke aufgereiht.

Nun verstehe ich. Die Reihenfolge der Rucksäcke definiert den Einlass in die Herberge. Es gibt eine bestimmte Anzahl von Betten und um die wird gerangelt. Die Herberge ist oft auf Spendenbasis, hier kostet die Nacht in einem Bett im Schlafsaal wohl sechs Euro.

Meine Güte. Morgens Losrennen, in der Sonne sitzen und um einen Platz kämpfen, wenn voll, dann weiterlaufen. Ich bin ein Luxuspilger and I know it.

Mein Hotelzimmer, zum Booking.com Schnäppchen von 44 Euro, ist wundervoll. Mitten in der schönen Altstadt mit Restaurant und Café. Ich esse Jakobsmuscheln a la Galega, während ich auf mein Zimmer warte.

Jakobsmuscheln für die Jakobspilgerin

Es sind nur noch 68 Kilometer bis Santiago und ich wollte mir das einteilen und keine Mamuttouren mehr machen. Ist wieder mal schöne Theorie. Morgen muss ich zwanzig Kilometer laufen, weil es vorher keine Hotels gibt. Ich habe über 200 Kilometer in den Beinen und je schwerer die werden, desto leichter wird mein Herz und Kopf.

Buenas Noches aus Pontevedra.

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